AfD Fraktion Lünen: Ideologische Wölfe im bürgerlichen Schafspelz

Die neue AfD-Fraktion in Lünen versucht sich im neu konstituierten Stadtrat nun betont gemäßigt zu geben. Man besucht plötzlich Gedenkveranstaltungen zu den Pogromnächten vom 9./10. November 1938, bietet in den Medien eine angeblich konstruktive Zusammenarbeit mit anderen Parteien an und verweist in mehreren Videos und Beiträgen frei nach dem Motto: „Wir können keine Nazis sein, wir haben schließlich auch jüdische Mitglieder.“ Auf das Thema des „jüdischen Mitglieds“, zu dem am 08.11.2025 in Brambauer sogar ein kleines, offenkundig auf Selbstinszenierung angelegtes Interview geführt wurde, kommen wir gleich noch zurück.

Gesichter und Namen der AfD Fraktion im Stadtrat Lünen

Denis Fellner, Peter Peciak, Jens Hiekel, Pasqual Gulcz, Stefan Poremski, Frank Peter Herbertz, Friederike Hagelstein (Fraktionsvorsitzende), Lars Vietze (Stellv. Fraktionsvorsitzender)

Mitglieder aus den Höcke / Helferich / Brandner Flügeln noch immer vorhanden

Obwohl Kreisvorstand und Fraktionen der AfD in Unna inzwischen einige neue Personen in ihren Reihen haben, bleibt der Einfluss aus dem Höcke- und Helferich-Milieu deutlich spürbar. Während sich Hans-Otto Dinse und andere zunehmend im Hintergrund halten, stehen in Lünen weiterhin Personen wie Hagelstein und Vietze an der Fraktionsspitze. Björn Höcke ist bundesweit bekannt, Matthias Helferich vor allem in NRW. Helferich bezeichnete sich selbst als „freundliches Gesicht des NS“ und steht vor einem Parteiausschlussverfahren, weil er selbst der Bundes-AfD als zu extrem erscheint. Dennoch ließen sich gerade AfD-Mitglieder aus dem Raum Unna gerne mit Höcke, Helferich und Stephan Brandner ablichten und präsentierten diese Fotos stolz in sozialen Medien.


Alles nur kalkulierte Taktik – die braune Ideologie bleibt

Auch die neuen Gesichter der AfD-Fraktion Lünen sind keine unbeschriebenen Blätter. Das neue Social-Media-Aushängeschild Denis Fellner tritt glatt, teils professionell und manipulativ auf. Während er mit Tattoos posiert, die in der rechten Szene beliebt sind, machte er in der Vergangenheit beim Hobbyfußball mit rassistischen Witzen über Mitspieler mit Migrationshintergrund auf sich aufmerksam. Fellner inszeniert sich heute als „bürgerlicher Mitte“-Typ, der sich angeblich um die Sicherheit in Lünen sorgt. Sicherheit und Gesetzestreue? Während des Kommunalwahlkampfs nötigte er Menschen auf offener Straße, filmte sie ungefragt und stellte die unverpixelten Videos anschließend auf Facebook und Instagram online. Die unmoderierten Kommentarspalten – insbesondere auf Facebook – waren voller Gewaltandrohungen und Beleidigungen gegen die betroffenen Personen (u. a. Mitglieder von Die Linke und Die Grünen). Gegen Fellner wird deshalb unter anderem wegen Nötigung, Beleidigung, Verletzung des Rechts am eigenen Bild und DSGVO-Verstößen ermittelt.

Auch Peter Peciak ist ideologisch eindeutig fremdenfeindlich verortet und macht daraus kein Geheimnis. Bis Mitte 2025 hetzte er unter Klarnamen (Peter „Piotr“ Peciak) regelmäßig auf Facebook gegen Geflüchtete und queere Menschen. Nachdem öffentlich wurde, dass er für die SiBa GmbH in Lünen arbeitet, änderte er seinen Namen. Heute nennt er sich in sozialen Medien „Peter Von Beuthen“ (Profil-ID: 61554360461694), doch seine Inhalte sind weiterhin ähnlich offen fremdenfeindlich, viele ältere Beiträge wurden nie gelöscht.

Hand in Hand mit Querdenkenden und Antisemiten

Wie bereits berichtet, ließ die AfD Lünen ihren Straßenwahlkampf teilweise von bekannten Personen aus der lokalen Querdenken-Szene unterstützen. Diese verteilten Flyer an Ständen, ließen Fellner bei einer ihrer Veranstaltungen auftreten und standen zuletzt mit rund 20 Personen, in Deutschlandflaggen gehüllt, zur konstituierenden Stadtratssitzung auf dem Willy-Brandt-Platz, um die neue AfD-Fraktion zu empfangen.

Die lokale Querdenken-Szene, früher unter „Lünen denkt anders“ aktiv, heute unter „Für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung“, verbreitet seit 2020 gängige Verschwörungsmythen – von angeblich geplantem Covid-19 über Chemtrails und Klimawandelleugnung bis hin zu Adrenochrom-Erzählungen und antisemitischen Mythen rund um Soros, Rothschilds oder die „globale Finanzelite“, was antisemitische Dog-Whistles sind.

Am 09.11.2025 erschienen dann Denis Fellner, Peter Peciak, Frank Peter Herbertz und Pasqual Gulcz bei der Gedenkveranstaltung zu den Pogromnächten 1938 in Lünen. Ihr Auftreten war nicht nur eine Provokation und inszenierte Selbstdarstellung (siehe Facebook-Post der AfD Lünen), sondern vor allem pure Heuchelei. Während man sich im Wahlkampf ausgerechnet von Personen unterstützen ließ, die offen antisemitische Verschwörungsmythen verbreiten, soll das Gedenken an die ermordeten Jüdinnen und Juden plötzlich wichtig sein? Der Facebook-Post der AfD zeigt deutlich, dass es nicht um die mehr als sechs Millionen Opfer der industriellen Vernichtung ging. Zwischen den Zeilen wird vielmehr anderen Parteien „Ausgrenzung“ vorgeworfen – eine infame Gleichsetzung, die das historische Leid relativiert.


Nun zum Thema „Jüdisches Mitglied“ in der AfD Kreis Unna

Fellner selbst nutzt jede Gelegenheit, sich und die AfD in sozialen Medien in die Unschulds- und Opferrolle zu rücken. So interviewte er am 08.11.2025 eine Frau, die nach eigenen Angaben jüdische Wurzeln väterlicherseits hat. Während des kurzen Interviews machte er sich über Deportationen lustig, brachte die üblichen „Gender-Boomerwitze“ und stellte die AfD Lünen erneut nach dem Schema dar: „Wir können keine Nazis sein – wir haben ja auch jüdische Mitglieder.“

Update: Nach der Veröffentlichung von unserem Artikel, hat Fellner das Interview mit der Frau direkt gelöscht.

Schauen wir uns die Frau aus dem Interview mal näher an. Beate Keller, auch auf social media bekannt als Franziska Keller oder Ceate Keller:

Die aus Lünen stammende Beate Keller bzw. Franziska Keller war während der Corona-Pandemie sowohl in der lokalen als auch in der Dortmunder Querdenken-Szene („Demokratischer Widerstand“) gut vernetzt. Auf mehreren Bilderstrecken verschiedener Recherche-Kollektive und Demo-Reporter*innen ist sie dokumentiert. Sie nahm an Querdenken-Veranstaltungen teil – auf deren Fotos auch Dortmunder Neonazis zu sehen sind – sowie an „Fridays for Altersarmut“-Kundgebungen, die aus demselben Schwurbel-Milieu organisiert wurden. Bereits damals trat sie gemeinsam mit Winfried Grundmann auf, der zu dieser Zeit offen über einen bewaffneten Umsturz sprach. (siehe drittes Foto)

Zuletzt sah man Keller, Labenz (Ehemaliger Kreissprecher von „Die Rechte) und Machill (Tätowierer mit einschlägiger Neonazi-Vergangenheit, bisher hat er sich nie distanziert) im Februar 2025, als sie gemeinsam versuchten eine „Omas gegen Rechts“ Veranstaltung in Lünen zu stören. Die Polizei verwies das Schwurbel-Trio der Veranstaltung.

Die Doppelmoral und Heuchelei werden hier deutlich sichtbar. Noch vor wenigen Jahren nahm man an Querdenken-Veranstaltungen teil, auf denen auch offen auftretende Neonazis anwesend waren. Bis heute pflegt man Kontakte zur lokalen Querdenken-Szene, in deren Telegram-Gruppen regelmäßig antisemitische Dog Whistles verbreitet werden. Doch sobald die AfD einen „Token“ benötigt, ist man zur Stelle und lässt sich bereitwillig interviewen. Die jüdischen Wurzeln scheinen immer nur dann eine Rolle zu spielen, wenn sie der eigenen Partei opportunistisch nützen.


Fazit

Man kann nur hoffen, dass sich andere Parteien und politische Vertreter*innen in Lünen nicht von diesem durchschaubaren Schauspiel blenden lassen.

Die AfD bleibt weiterhin ein rechtsextremistischer Verdachtsfall und ist in einigen Bundesländern bereits als rechtsextremistisch eingestuft. Ein mögliches AfD-Verbot steht weiterhin im Raum und wird aus guten Gründen diskutiert.

Die AfD im Kreis Unna war und ist dem Höcke-Flügel eng verbunden. In Lünen hat die Partei jedoch gefährlicherweise gelernt, sich bürgernah und als vermeintliche „demokratische Mitte“ zu inszenieren. Sämtliche Videos, Beiträge und die Teilnahme an Gedenkveranstaltungen seit dem Kommunalwahlkampf spiegeln diese Strategie wider. Wann immer eine andere Partei schwankt oder sich nicht klar von der AfD distanziert, sucht man direkt den Händedruck und bietet sich für eine mögliche Zusammenarbeit an. Und immer wenn die neue Bürgermeisterin von „demokratisch gewählt“ oder „mit allen sprechen müssen“ spricht, wird die AfD dankbar über dieses Stöckchen springen und sich öffentlich als besonders demokratisch darstellen. Doch all das bleibt reine Inszenierung. Diese Partei hat sich nicht plötzlich um 180 Grad gedreht, und einzelne problematische Mitglieder sind nicht über Nacht weniger rassistisch oder menschenfeindlich geworden. Sie werden es lediglich besser verbergen, wenn man ihnen entsprechende Spielräume eröffnet.

Die neue Bürgermeisterin, Martina Förster-Teutenberg, ist eine sehr kompetente und engagierte Sozialdemokratin, verharrt jedoch noch in der Hoffnung, die AfD könne demokratische Werte vertreten und diese kommunal unter Beweis stellen. In ihrem Interview nach der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrats sagte sie, die AfD sei demokratisch gewählt, und es sei daher ihre Pflicht, auch mit ihr zu sprechen. Natürlich hat eine Bürgermeisterin bestimmte Verpflichtungen im Rahmen der Ratsarbeit, dies verbietet jedoch nicht die persönliche Haltung und Meinung zu zeigen. Doch manchmal sind es gerade die kleinen Worte, die irritieren oder eine klare Haltung erkennen lassen. Hätte sie gesagt: „Ja, leider muss ich auch mit der AfD reden“, wäre die Botschaft unmissverständlich gewesen.
Hier ein Ausschnitt aus dem Interview mit den Ruhrnachrichten – überzeugt euch selbst:



Verwendete und erweiterte Quellen: